Landerziehungsheim

Landerziehungsheim
Land|erziehungsheim,
 
Internatsschule auf dem Land (in der Regel Klassen 5-13) mit besonderem pädagogischen Profil. Eine der Reformpädagogik verpflichtete Erziehungsstätte zur umfassenden Erziehung in und durch eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft (Lehrer sind zugleich Erzieher; großes außerunterrichtliches Angebot), heute meist getragen von Stiftungen oder gemeinnützigen Vereinen. Die ersten Landerziehungsheime wurden in Deutschland von H. Lietz (1898, 1901, 1904) und von dessen Mitarbeitern G. Wyneken und P. Geheeb (1906, 1910) gegründet, wobei Wyneken in seiner »Freien Schulgemeinde Wickersdorf« den Gedanken einer eigenständigen Jugendkultur betonte und Geheeb in der »Odenwaldschule« besonderen Wert auf Schülermitverantwortung, Koedukation, Kurssystem und handwerkliche Arbeit legte. Landerziehungsheime eigener Prägung gründeten später K. Hahn (Salem), B. Uffrecht (Letzlingen, Landkreis Gardelegen), Minna Specht (Walkemühle, Gemeinde Melsungen) und M. Luserke (Juist). Die Landerziehungsheime haben als Teil der deutschen Reformpädagogik immer wieder wichtige Anstöße für das öffentliche Schulwesen gegeben. Bekannte Landerziehungsheime sind Louisenlund (Güby bei Eckernförde), Hermann-Lietz-Schule Spiekeroog, Marienau (Dahlem bei Lüneburg), Landerziehungsheim am Solling (Holzminden), die »Stiftung Deutscher Landerziehungsheime Hermann-Lietz-Schulen« mit Hohenwehrda (Haunetal bei Bad Hersfeld), Bieberstein (Hofbieber bei Fulda) und Haubinda (Westhausen bei Hildburghausen), Nordeck (Allendorf bei Gießen), Odenwaldschule (Heppenheim/Bergstraße), Urspring (Schelklingen/Schwäbische Alb), Birklehof (Hinterzarten/Schwarzwald), Salem (Bodenseegebiet), Schondorf (am Ammersee), Reichersbeuern (bei Bad Tölz), Neubeuern (bei Rosenheim), Stein (an der Traun). Die Landerziehungsheime sind seit 1924 in der Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime zusammengeschlossen.
 
Die Idee der Landerziehungsheime ist in Österreich insbesondere in den so genannten Werkschulheimen (Form der höheren Internatsschulen) wie dem »Werkschulheim Felbertal« in Ebenau im Bundesland Salzburg lebendig, in denen neben dem Lehrplan einer allgemein bildenden höheren Schule auch eine Ausbildung in einem Handwerk absolviert wird. - In der Schweiz besteht v. a. die École d'Humanité (Hasliberg-Goldern, Kanton Bern).
 
 
Die L.-Bewegung, hg. v. T. Dietrich (1967);
 K. Schwarz: Bibliogr. der dt. L. (1970);
 
Hb. Freie Schulen, bearb. v. Wolfgang Müller (Neuausg. 1993).

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Lạnd|er|zie|hungs|heim, das: in ländlicher Umgebung gelegene, der Reformpädagogik verpflichtete Internatsschule, in der innerhalb und außerhalb des Unterrichts das Gemeinschaftsleben von Schülern und Erziehern gefördert wird: 1898 ... Gründung des ersten deutschen -s (Hörzu 16, 1988, 96).

Universal-Lexikon. 2012.

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